BERICHT
Verdienste um Erhalt von historischem Wissen
Heyen
(saw). „Da haben Sie mich aber wirklich verlegen gemacht!“ Sichtlich gerührt
tritt Hermann Wiemann im voll besetzen Dorfgemeinschaftshaus ans Mikrophon.
Gerade hat ihm Bürgermeister Michael Zieseniß im Auftrag des Rates die
Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Heyen verliehen. „In Anerkennung Ihres
lebenslangen, ehrenamtlichen Engagements und insbesondere wegen Ihrer
Verdienste um den Erhalt von geschichtlichem und kulturellem Wissen“, wie
Zieseniß aus der von Ratsherrn Lars Pfohl aufwändig gestalteten Ehrenurkunde
zitiert. Hermann Wiemann (84) ist der zweite Ehrenbürger Heyens; im Jahr 2008
wurde diese Auszeichnung Bürgermeister a.D. Reinhard Meyer zuteil. „Es wurde
Zeit, unsere handgearbeitete Ehrentafel mit einem zweiten Namenschild zu
dekorieren“, so Bürgermeister Zieseniß, der während des Neujahrsempfangs
gleich selbst zu Nägeln und Hämmerchen greift und unter großem Applaus der
Besucher das Messingschildchen anbringt.
In
seiner Laudatio unterstreicht der Volkskundler und Historiker Dr. Hilko
Linnemann aus Holzminden die Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements „als
wichtige Ressource und bedeutenden Faktor für die gesellschaftliche und
soziale Entwicklung einer Region“. Hermann Wiemann, 1927 in Heyen geboren,
Landwirt und bis 1992 Mitarbeiter im Kirchenkreisamt Hameln, hat sich
zeitlebens ehrenamtlich engagiert. 1949 war er Mitbegründer des
Reitervereins, fünf Jahre später Mitbegründer der Landjugend. Ob Feuerwehr,
Schützenverein oder Kirchenvorstand: Der Geehrte war vielfach aktiv,
erarbeitete auch im Vorfeld der 1000-Jahr-Feier der Gemeinde Heyen in einer
Arbeitsgruppe die Chronik des Ortes.
Die
historische Arbeit im Kreis Holzminden profitiere von einer fruchtbaren Zusammenarbeit
zwischen wenigen Hauptamtlichen und einer großen Zahl ehrenamtlich Tätiger,
zu denen auch Hermann Wiemann zähle. Als Mitglied des Heimat- und
Geschichtsvereins Holzminden habe der Heyener beispielsweise den
Kreisarchäologen Dr. Leiber bei Ausgrabungen auf dem Heiligenberg
unterstützt. „Auch mit seinen zu Papier gebrachten Jugenderinnerung der Jahre
1936 bis 1948, den Dorfgeschichten und den Geschichten aus dem Weserbergland
sind Werke entstanden, die auch nachfolgenden Generationen die Geschichte
unserer Region vor Augen führen werden“, so der Laudator. „Ich wünsche mir,
dass sich junge Leute ein Beispiel an Hermann Wiemann nehmen und sich für
unsere Gesellschaft einsetzen, damit unsere Region auch in Zukunft lebenswert
bleibt.“
Ein
weiterer Ehrengast dieses Neujahrsempfangs ist die neue Landrätin Angela
Schürzeberg, in dieser Funktion erstmals in der Nordkreis-Gemeinde. Sie hält
„größtmögliche Transparenz von Verwaltungshandeln“ für unabdingbar, „auch
wenn man die Bürger hin und wieder mit unangenehmen Faktoren konfrontieren
muss“. Das lasse sich angesichts stark strapazierter Haushalte gar nicht vermeiden.
Wichtige Aufgabe von Politik und Verwaltung sei es, „junge Familien beim
Spagat zwischen Beruf und Familie zu unterstützen“. Aber auch die
Altersstruktur im Kreis stelle eine große Herausforderung dar. Mit dem
Senioren-Service-Büro und der Ausbildung ehrenamtlicher Senioren-Begleiter
seien erste Schritte getan, damit ältere Menschen „so lange wie möglich und
wie sie es wünschen, in ihrer gewohnten Umgebung leben können“. Ein Wunsch
der Landrätin: Die (jüngst vom Verein Solling-Vogler-Region im Weserbergland
herausgegebenen und auch in Heyen ausliegenden) „Tipps für Entdecker“ seien
zwar in erster Linie für Touristen entwickelt, aber: „Auch uns Bürgern kann
dieses Heft viele Anregungen bieten. Und vielleicht unser Bewusstsein
schärfen für die Tatsache, dass wir eigentlich in einer herrlichen Gegend
leben.“
In
seiner Ansprache legt Bürgermeister Michael Zieseniß den Fokus auf die
Höhepunkte im dörflichen Geschehen des Jahres 2011. So sei erfreulich, dass
die Landjugend dank einiger neuer Mitglieder „zu handlungsfähiger Stärke
zurückgefunden“ habe, die Jugendband nach wie vor „ein Leuchtturmprojekt mit
Signalwirkung weit über Heyen hinaus“ sei und die Jugendwehr mit fünf
Neueintritten ihre Mitgliederstärke fast verdoppeln konnte. Als „Stresstest“
bezeichnete er die Baustelle „Esperder Straße“, die während der heißen
Bauphase vor allem für Anwohner und Gewerbetreibende eine große
Herausforderung dargestellt habe. „Die Zukunft wird zeigen, ob Anwohner und
erfahrene Traktorfahrer Recht haben – oder das Planungsbüro.“ Auch der
geplante Qualitätswanderweg „hat für einige Diskussionen im Ort und darüber
hinaus für einiges Kopfschütteln außerhalb von Heyen gesorgt“. Seiner
Einschätzung nach handele es sich um ein für die touristische Vermarktung der
Region wichtiges Projekt, er hoffe auf „diplomatisches Geschick der
Beteiligten von Forstgenossenschaft und Landkreis“. 2012 sei zunächst das
letzte Jahr der Dorferneuerung. „Vielleicht gelingt es uns, in Zusammenhang
mit dem Thie eine positive Entwicklung einzuleiten.“ Für diesen Ausblick gibt
es ebenso begeisterten Applaus wie für die Ankündigung, dass die Mitglieder
des Gemeinderates nun die traditionelle Neujahrssuppe ausgeben. |