BERICHT

Mehr Geld für die Gemeindekasse, am Ende aber ein Minusgeschäft

Warum Landkreis und Samtgemeinde profitieren – die Heyer Bürger aber leer ausgehen

Text und alle Fotos: Sabine Weiße

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Sanierungsbedarf im Dorfkern: Für knapp 120 000 Euro werden in der Gönne und der Twetje Reparaturen und Ausbesserungsarbeiten an Kanalschächten, Gosse und am Straßenbelag vorgenommen. (Foto SAW)

 Heyen. Kommen Gewerbesteuern in die Kasse, freut das Bürgermeister Michael Zieseniß und den siebenköpfigen Rat. Schließlich sind Gewerbesteuern – neben den Grundsteuern, die die Einwohner für Häuser oder für land- oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen zu entrichten haben – eine Haupteinnahmequelle der Kommune. Grund zum Lächeln haben auch Samtgemeinde und Landkreis: Über die von ihnen erhobenen Umlagen profitieren sie vom Geldsegen ebenfalls. Fließen Gewerbesteuern aber unregelmäßig oder - wie im Falle Heyens - einmalig, dann entwickelt sich die Geschichte zum handfesten Minusgeschäft.

 

Überweisen die Gewerbetreibenden der Nordkreisgemeinde „in wirtschaftlich normalen Jahren“ zwischen 40 000 und 45 000 Euro jährlich, so kalkuliert Bürgermeister Michael Zieseniß zum Jahreswechsel 2013/14 mit ungewohnt großen Summen: „Ein Gewerbesteuerzahler, der seinen Betrieb veräußert und damit einen einmalig steuerpflichtigen Gewinn erzielt, hat eine Zahlung von rund 450 000 Euro in Aussicht gestellt.“ Konkreter wird Zieseniß nicht: Steuergeheimnis!

 

Wer nun glaubt, dass in dem 1010 Jahre alten Dorf angesichts der in Aussicht gestellten 500.000 Euro an Gewerbesteuern die Sektkorken knallen, der irrt gewaltig. „Es ist leider zu erwarten, dass trotz der eigentlich erfreulichen Situation die Gemeinde noch 10 000 Euro zuzahlen wird.“ Wie kann das sein? Die Antwort ist kompliziert. Quasi über Nacht hat sich Heyen zu einer außergewöhnlich finanzstarken Kommune entwickelt. Aus Heyener Sicht extrem ungünstig entwickelt sich damit die Berechnungsgrundlage für die im Jahr 2015 zu zahlenden Umlagen. Michael Zieseniß hat schon einmal gerechnet: In die Kreiskasse werden wohl 205 000 Euro fließen (bei angenommener Kreisumlage von 54,5 Prozent), die zu befürchtende „Wertabschöpfung“ der Samtgemeinde würde die Einnahme um weitere 90 000 Euro reduzieren. Dazu erwartet der Bürgermeister, dass angesichts des steigenden Finanzbedarfs der Samtgemeinde weitere 60 000 Euro an Umlage abzuziehen sind. „Von der einmaligen Gewerbesteuereinnahme blieben also nach Abzug aller Umlagen und der Wertabschöpfung noch 95 000 Euro übrig. Und auf diesen Betrag wird bereits im Jahr 2014 die Gewerbesteuerumlage in Höhe von 105 000 Euro fällig.“ Konkret: 10 000 Euro wird die Gemeinde Heyen wohl draufzahlen.

 

2014-01-11-HaushaltHeyen-Bild02. 500 000 Euro Gewerbesteuer für die kleine Gemeinde Heyen: Was „paradiesisch“ klingt, erweist sich bei genauerer Betrachtung als handfestes Minusgeschäft. Landkreis und Samtgemeinde halten ihre Hände auf, während die Heyener Bürger leer ausgehen. Dramatischer noch: Am Ende werden sie wohl rund 10 000 Euro draufzahlen. (Foto SAW)

 

Zu beeinflussen ist diese kuriose Finanzentwicklung kaum, die einzige Variable stellt die politisch noch nicht beschlossene „Wertabschöpfung“ der Samtgemeinde dar. Dem Heyener Rat bleibt nicht viel mehr, als bei der Aufstellung des Etats 2014 die im Folgejahr zu erwartende „Umlagenlast“ bestmöglich zu berücksichtigen und größtmögliche Sparsamkeit walten zu lassen. So wurden fast 258 000 Euro der Rückstellung zugeführt. Entgegen dem Tenor einiger Ratsherren übrigens, die zumindest während der Beratungen hinter verschlossenen Türen sinngemäß argumentiert hätten: „Lass uns die Gunst der Stunde nutzen und das Geld für Heyen und seine Bürger rasch ausgeben.“ So drückte es auch Ratsherr Tobias Lemke während der jüngsten Ratssitzung aus: „Im Landkreis wird mit den Finanzen geaast und in der Samtgemeinde wird Geld ausgegeben, was nicht vorhanden ist. Wir sollten das Geld sofort investieren. Dann werden wir eben im nächsten Jahr Bedarfsgemeinde, haben aber wenigstens etwas für Heyen getan.“

 

Am Ende aber siegten Verantwortungsbewusstsein und Disziplin: Verlöre Heyen als Bedarfsgemeinde schließlich vollständig seine Finanzsouveränität, würde alles – außer der gesetzlich festgeschriebenen Pflichtaufgaben – dem Rotstift zum Opfer fallen. Einstimmig wurde der Etat 2014 verabschiedet, der sich mit einem Volumen von 804 500 Euro im Ergebnishaushalt ausgeglichen darstellt. Wie bereits erwähnt, stellen Grund- und Gewerbesteuern sowie die Anteile an der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer die wesentlichen Einnahmeposten dar (rund 743 000 Euro). Auch eine Zuweisung der Samtgemeinde in Höhe von 13 400 Euro (Stichwort „Einwohnerveredelung“)  stärkt die Gemeindefinanzen. Nach Zahlung sämtlicher Umlagen und dem Verbuchen von 258 000 Euro in der Rückstellung verbleiben der Gemeinde Heyen  aus den eingenommenen Steuern und Abgaben knapp 164 000 Euro zur freien Verfügung. Dazu kommen 14 000 Euro als Konzessionsabgabe des Energieversorgers und 4 000 Euro an Mieteinnahmen. Für die Sanierung und Reparatur von Gönne und Twetje stehen knapp 120 000 Euro zur Verfügung. „Je nach Situation stehen Ausbesserungsarbeiten an, muss teilweise die Straßendecke neu aufgebracht werden. In der Twetje sind einige Kanalschächte abgerutscht, im Bereich der Gönne wird einseitig die Gosse neu gesetzt“, umreißt Zieseniß die anstehenden Arbeiten. Für die Betreuung der Kindergartenkinder in Halle und den U 3-Nachwuchs mit Wohnort in Heyen sind rund 16 000 Euro eingeplant, die Aufwendungen für ehrenamtliche Tätigkeiten, Sitzungsgelder, Ehrungen und Jubiläen belaufen sich auf 11 000 Euro. Auf rund 13 500 Euro sind die Unterhaltungskosten des Dorfgemeinschaftshauses und die Pflege des „Öffentlichen Grüns“ veranschlagt. Der Betrag für das Produkt „Heimat- und sonstige Kulturpflege“ beläuft sich auf 4 300 Euro – und liegt damit um etwa 1 500 Euro über dem üblichen Niveau. Der Grund ist die vom 23. bis 25 Mai geplante 1010-Jahr-Feier der Gemeinde.